Schon wieder „das“ statt „dass“ geschrieben oder „seit“ und „seid“ verwechselt? Rechtschreibfehler in Texten tun weh, und die eigenen übersehen wir besonders schnell. Manche schmerzliche Erfahrung, die ich als Journalist in Berichten und Kommentaren oder als PR-Texter von E-Mails, Postings, Blogbeiträgen oder Pressemitteilungen gemacht habe, können Sie sich ersparen. Wenn Sie die folgenden zehn Tipps fürs Korrekturlesen beherzigen.
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1. „Alle anzeigen“ aktivieren: Sehen Sie sämtliche Formatierungssymbole.
Die gröbsten Fehler lassen sich schon vermeiden, wenn wir die Formatierungs- und Korrekturhilfen nutzen, die uns das Textverarbeitungsprogramm bietet.
Meist ist die Rechtschreibprüfung schon aktiviert. Falls nicht: Die Rechtschreib- und Grammatikkorrektur von Microsoft Word finden Sie, indem Sie im Register „Datei“ auf „Optionen“ und dann auf „Dokumentprüfung“ klicken. Aber Vorsicht: Rechtschreibprüfung und Autokorrektur sind nicht perfekt, und wir sollten uns von ihnen nicht in falscher Sicherheit wiegen lassen. Die Rechtschreibprüfung findet Tippfehler zuverlässiger als Grammatikfehler.
Folgende Einstellung empfehle ich aber grundsätzlich: Absatzmarken und andere Formatierungssymbole lassen sich in Word unter der Registerkarte „Start“ in der Gruppe „Absatz“ mit einem Klick auf das Absatzzeichen (sieht aus wie ein P in Spiegelschrift) aktivieren. Der Vorteil: Wir erkennen sofort, wo Leerzeichen, Absatzmarken oder Tabulatoren gesetzt sind. So können wir zum Beispiel erkennen, wo zu große Wortabstände durch mehrfach hintereinander getippte Leerzeichen entstanden sind.
2. Abstand gewinnen: Schlafen Sie eine Nacht über Ihren Text.
Tippfehler wie etwa Buchstabendreher oder auch Sachfehler sind heimtückisch. Sie machen sich beim Schreiben unsichtbar und springen einem am nächsten Tag ungefragt und kalt lächelnd ins Gesicht. Das ist mir oft passiert.
Bei gedruckten Texten oder bereits versendeten Newslettern ist es dann zu spät. Als blutjunger Journalist einer Tageszeitung habe ich einmal einen Politiker begleitet, als er die neue Abteilung für Physiotherapie eines Krankenhauses besichtigt hat. Geschrieben habe ich aber, er sei in die Psychotherapie gegangen. Das war dumm. Besonders dumm war daran, dass es erst aufgefallen ist, als es am nächsten Tag in der Zeitung stand.
Deshalb gilt für jeden Text, der nicht sofort veröffentlicht werden muss: Legen Sie ihn beiseite und lassen Sie ihn ruhen. Schlafen Sie, wenn möglich, eine Nacht oder mehr darüber. Das schafft Abstand zum eigenen Produkt. Oft sehen wir erst dann, was zu sehen ist, und nicht, was wir sehen wollen.
3. Richtig anpacken: Drucken Sie den Text aus.
Meine Erfahrung ist: Am Bildschirm übersehe ich Fehler eher. Es schärft den Blick, das Format eines Textes zu ändern: Ich drucke ihn aus und lese ihn auf Papier. Mit einem Stift kann ich die Stellen anstreichen, die mir auffallen, und Änderungen an den Rand kritzeln. Wer sich und der Umwelt das Ausdrucken ersparen will, kann den Text in eine andere Schriftart oder ein anderes Layout umformatieren. Ich selbst bin aber ein haptischer Typ – mir ist der Ausdruck lieber.
4. Den Ort wechseln: Verlassen Sie Ihren Schreibtisch.
Mit dem Ausdruck in der Hand suche ich mir einen anderen Platz als den angestammten Schreibtisch. Auf dem Sofa, am Küchentisch oder im Garten eröffnen sich neue Perspektiven. Das hilft mir besonders, wenn ich längere Stücke korrigiere.
5. Mehrere Runden drehen: Lesen Sie Überschriften und Zwischentitel separat.
Alles auf einmal geht nicht. Ich lese einen Text im ersten Durchgang am Stück und streiche die Fehler an, die ich dabei entdecke. Überschriften, Zwischentitel oder Bildunterschriften verdienen besondere Aufmerksamkeit. Um die richtigen Überschriften und Unterzeilen zu finden, probiere ich zum Beispiel viel herum und jongliere mit den Formulierungen. Dabei sind Buchstaben-, Wort- oder Zahlendreher schnell passiert. Zwischentitel und Bildunterschriften schreibe ich ohnehin meistens erst, nachdem ich den Haupttext getippt habe. Dann ist die Gefahr aber groß, dass die Konzentration beim Schreiben der letzten Zeilen kurz vor dem Ziel nachlässt.
Deshalb lese ich diese Textelemente in Extra-Runden noch einmal für sich. Das Gleiche gilt für alle ergänzenden Bausteine, die abseits des Hauptleseflusses liegen, zum Beispiel Infoboxen oder Texte in Tabellen und Grafiken.
6. Den Ton proben: Lesen Sie Ihren Text laut vor.
Als freier Mitarbeiter hatte ich einmal mit dem Leiter einer Lokalredaktion zu tun, der sich seine Texte schon beim Schreiben laut vorlas. Er saß in seiner Kammer, die Tür zum Großraumbüro stand immer offen. Und er war bekannt für seine ausführlichen Reportagen. So ließ er die gesamte Redaktion daran teilhaben, wie seine Geschichten entstanden.
Auch wenn Ihre Arbeit es verdient hätte: Anders als der damalige Lokalchef müssen Sie Ihren Text nicht vor Publikum vortragen. Es reicht, ihn sich selbst vorzulesen. Dabei stolpern Sie über Stellen, die nicht gelungen sind. Wenn ich zum Beispiel eine Pressemitteilung schreibe, lese ich die Zitate laut. Wörtliche Rede muss wie gesprochen klingen. Wenn mir ein Zitat nicht leicht über die Lippen geht, funktioniert es nicht.
Wer nicht selbst laut vorlesen möchte: Das kann auch der Computer übernehmen. In den Word-Versionen von Office 2019, Office 2021 und Microsoft 365 etwa gibt es unter dem Reiter „Überprüfen“ die Option „Laut vorlesen“.
7. Den Bauch fühlen: Hören Sie auf Ihre innere Stimme.
Wenn ich einen Text überarbeite, kann es passieren, dass ich an einer Stelle stutze oder unsicher bin – ohne gleich zu wissen, was das Problem ist. Da ist dieses vage Störgefühl, dessen Auslöser ich beim ersten Lesen nicht genau erkennen kann. Ich habe gelernt, auf diese innere Stimme zu hören und der Sache auf den Grund zu gehen. Denn bei genauerem Hinsehen habe ich auf diese Weise manchen Fehler gefunden.
Ich achte also auf mein Bauchgefühl. Mein Motto lautet: Im Zweifel gegen den Angeklagten. Es ist immer besser, eine potenziell fehlerhafte Passage umzuschreiben, als darauf zu vertrauen, dass sie schon in Ordnung sein wird.
8. Hilfe holen #1: Andere Leute haben einen anderen Blick.
Noch deutlicher als die innere Stimme sind die Stimmen anderer. Meine besten Redaktionen waren die, in denen alle alles gelesen haben. Leider bleibt dafür angesichts des wachsenden Drucks, der etwa bei Tageszeitungen herrscht, oft keine Zeit.
Wir sind betriebsblind gegenüber unseren eigenen Texten. Deshalb hole ich mir gerne eine zweite Meinung ein – oder noch mehr. Von Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Oder von meiner Frau. Sie hat Adleraugen.
Es braucht keine Fachleute, um ein unabhängiges Urteil zu fällen. Im Gegenteil: Nur wer mit dem aktuellen Thema nichts zu tun hat, kann ihm völlig unvoreingenommen begegnen. Dabei kommen übrigens mit ziemlicher Sicherheit genau jene Punkte wieder auf den Tisch, bei denen ich einmal nicht auf mein Bauchgefühl gehört habe.
9. Hilfe holen #2: Nutzen Sie Online-Tools.
Neben Kolleginnen und Kollegen oder der Familie können Sie sich auch von digitalen Kontrollinstanzen helfen lassen. Es gibt viele Tools zur Rechtschreibprüfung und Textoptimierung, die teilweise mit Künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten. Viele sind sogar kostenlos – zumindest in der Basis- oder Testversion und für begrenzte Textlängen. Manche gibt es als Browsererweiterung oder als Add-in für das Textverarbeitungsprogramm.
Es lohnt sich, Bots wie DeepL Write, Duden-Mentor, LanguageTool, Scribbr oder die Text-Korrektur von ChatGPT auszuprobieren. Ich habe das mit diesem Text gemacht und tatsächlich ein paar Änderungsvorschläge übernommen. Angesichts der Komplexität der Sprache stößt aber auch die KI an ihre Grenzen. Kein Tool kann für sich in Anspruch nehmen, alle Fehler zu finden.
10. Die Korrekturen korrigieren: Änderungen sind neue Fehlerquellen.
Das ist das Letzte: Viele Fehler entstehen erst dadurch, dass wir Fehler korrigieren. Und zwar so: Wenn die entdeckten Missgeschicke markiert sind, dann sind die Korrekturen schnell gemacht. Änderungen rein und fix raus mit der korrigierten Version. Schon haben neue Patzer Platz ergriffen. Plötzlich stehen Wörter in der falschen Reihenfolge, und es bleiben Wortfragmente oder Teilsätze als Kürzungsreste oder nach Umstellungen zurück.
Das Chaos lauert in der Teamarbeit mit Kollaborationstools wie Google Docs oder im Word-Nachverfolgungsmodus samt randständiger Kommentarmöglichkeit. Wenn der Entwurf einer Pressemitteilung auf diese Weise alle Korrektur-, Überarbeitungs- und Freigabeschleifen durchlaufen hat – dann fängt die Arbeit manchmal erst richtig an. Die finale Version sollten Sie deshalb vor der Veröffentlichung unbedingt noch einmal in der bereinigten Fassung lesen – also nachdem Sie alle Korrekturen, Streichungen, Umstellungen oder Ergänzungen angenommen haben.
Nehmen Sie Ihren Text also lieber nach jeder noch so kleinen Korrektur aufs Neue in Augenschein.
Fazit
Die Qualität eines Textes steht und fällt nicht zuletzt mit der Anzahl der Fehler, die er enthält. Selbst der vermeintlich schönste Text kann nicht gut sein, wenn er voller Fehler steckt. Leider kommt kaum ein Text makellos zur Welt – und sei er noch so kurz. Besonders schmerzhaft sind Missgeschicke in Druckerzeugnissen, denn sie lassen sich im Nachhinein nicht mehr aus der Welt schaffen. Wir sollten also nicht nur gewissenhaft recherchieren und schreiben. Genauso sorgfältig müssen wir unsere Texte auf Mängel überprüfen, bevor wir sie versenden, veröffentlichen oder gar drucken lassen. Dann klappt es auch mit „dass“ statt „das“ und „seid“ statt „seit“.
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